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Der libertäre Kommunismus

Anarchismus

Unter dem Begriff Anarchismus verstehen wir die Lehren der Herrschaftslosigkeit (griechisch ἀναρχία). Obwohl es zahlreiche Theorien des Anarchismus gibt, ist ihnen das Ziel gemeinsam: Die Erreichung eines gesellschaftlichen Zustandes, der Anarchie, der geprägt ist von der Abwesenheit for­meller und informeller Herrschaftsstrukturen im Grossen und Kleinen. Anders ausgedrückt, eine anar­chistische Gesellschaft kennt keine Institutionen, aus deren Handeln oder aus deren blossen Existenz Ausbeutung und Unterdrückung von einzelnen oder Gruppen von Menschen resultiert. Positiv ausge­drückt beschreiben die Lehren des Anarchismus wirtschaftliche und soziale, mitunter ethische Voraus­setzungen für ein Leben aller in Freiheit – was wiederum nicht nur institutionalisierte, sondern auch „informelle“ oder „situative“ Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse ausschliesst, wie sie bspw. in einer Beziehung vorkommen können –, und den Weg, der dazu beschritten werden sollte. Diese Auffassung von Anarchie steht der bürgerlichen Defintion des Begriffs diametral entgegen: Eine herrschaftslose Gesellschaft bedeutet demnach nicht Chaos und Gewalt, sondern ein wahrhaft selbstbestimmtes Leben in Frieden. Das bürgerliche Verständnis von Anarchie ist nur schon deshalb paradox, weil die Anwendung von Gewalt immer eine Form von Herrschaftsdurchsetzung darstellt. Herrschaftslosigkeit heisst demzufolge auch immer das Fehlen von Gewalt. Der Anarchismus ist nicht etwa eine philosophische Schule, die fernab von der sozialen Realität des Proletariats ein gesellschaftliches Ideal propagieren würde, sondern ist von der Praxis des alltäglichen Kampfes der unterdrückten Klassen geprägt und in dieser gewachsen. Herrschaftsstrukturen sind abstrakt und können nur in der Form von Ausbeutung und Unterdrückung, also Formen von Gewalt, wahrgenommen werden. Erfahrbar sind sie offensichtlich nur durch diejenigen, die unterdrückt und ausgebeutet werden. Anarchismus ist also immer beides, Denken und Handeln, die sich gegenseitig beeinflussen. Daraus folgt, dass der Anarchismus niemals statisch ist, sondern sich fortlaufend verändert. Trotzdem kennt der Anarchismus theoretische und methodische Fixpunkte, die sich im Laufe der Zeit als plausibel und effizient herausgestellt haben, und die oftmals mit einzelnen herausragenden Denkerinnen identifiziert werden. Doch der Anarchismus ist nicht etwa das Werk einzelner Individuen, sondern immer ein Ausdruck der sich gegen ihre Unterdrückung wehrenden Klassen. Herrschaft wird nicht mit einer bestimmten Methode des Denkens erkannt, sondern im Stossen an und Überschreiten von gesellschaftlichen Grenzen. Herrschaftliche Strukturen in ihrem Kern erfassen kann also nur, wer sie erfahren hat. Deshalb ist der Kampf zu ihrer Überwindung stets ein Kampf der von ihr Betroffenen, seien sie nun auf Grund ihrer wirtschaftlichen, ethnischen, geschlechtlichen usw. Rollen unterdrückt. Herrschaftsfreiheit ist zuallerst ein Akt des Handelns, nicht des Denkens.

Libertärer Kommunismus

Die obigen Ausführungen zum Anarchismus sind nicht zufällig sehr vage gehalten. Durch die negative Definition des Begriffs - Abwesenheit von Herrschaft - sind mit ihm im Laufe der letzten 200 Jahren zahlreiche Lehren identifiziert worden – darunter auch solche, die in ihrer Konsequenz wenig anar­chistisch sind. Der libertäre Kommunismus, den die LAW vertritt, wurde erstmals um 1900 von Peter Kropotkin systematisiert. Er unterscheidet sich von anderen Anarchismen am dezidiertesten in der Fra­ge der ökonomischen Organisation der Gesellschaft, insbesondere hinsichtlich der Güterdistribution. Unserer Meinung nach kommen im libertären Kommunismus sowohl die gesellschaftliche Solidarität als auch die Idee der individuellen Freiheit jeweils am Besten zum Ausdruck, wobei beide Forderun­gen sich in ihrer Entwicklung gegenseitig ergänzen und bedingen. In keiner Weise rechtfertigt der li­bertäre Kommunismus die Existenz nichtarbeitender Klassen oder lässt ihren Weiterbestand zu. Soll­ten sich diese Klassen in der libertär-kommunistischen Gesellschaft erhalten, übernimmt letztere kei­nerlei Verantwortung für sie. Lediglich in dem Fall, dass die nichtarbeitenden Klassen entscheiden, produktiv zu arbeiten und nunmehr im gesellschaftlichen System des libertären Kommunismus auf ge­meinsamer Grundlage zu leben, werden sie in ihm eine gleichgestellte Position einnehmen, d.h. eine Position als freie Mitglieder der Gesellschaft, die die Rechte dieser Gesellschaft in Anspruch nehmen und die allgemeinen Verantwortungen mit tragen. Der libertäre Kommunismus strebt nach der Beseiti­gung jeder Ausbeutung und jeder Gewalt gegen Personen. Zu diesem Ziel schafft er eine wirtschaftli­che und soziale Basis, die das ökonomische und gesellschaftliche Leben des Landes in ein Ganzes zu­sammenführt und die jeder Einzelnen eine gleichgestellte Position und ein Maximum an Gütern si­chert. Wie die meisten Lehren des Anarchismus strebt auch der libertäre Kommunismus hierfür neben der Abschaffung des Staates die Überwindung des Kapitalismus an. Sowohl das Repräsentationsprin­zip in politischen Fragen wie auch die Diktatur im Bereich der Produktion, die sich faktisch sowohl hinsichtlich der Arbeitsbedingungen wie auch der erzeugten Güter jeder direkten Kontrolle entzieht, sollen ersetzt werden durch basisdemokratische Strukturen, an denen alle Betroffenen partizipieren können. Konkret heisst das im Bereich der politischen Entscheidungsfindung die Etablierung eines Delegiertensystems auf lokaler, regionaler, überregionaler, kontinentaler und weltweiter Ebene, in dem die lokalen Vollversammlungen das oberste Weisungsrecht besitzen und zudem jederzeit über die Möglichkeit verfügen, die entsandten Delegierten abzusetzen, im Bereich der Produktion die Vergesellschaftung aller Ressourcen und Produktionsmittel (Industrie, Transport, Land, Rohstoffquellen usw.). Im Rahmen dieser selbstverwalteten Gesellschaft etabliert der libertäre Kommunismus das Prinzip der Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung jeder Person (nicht einer abstrakten allgemeinen Persönlichkeit, einer mystischen Persönlichkeit oder der Persönlichkeit als Idee). Aus dem Prinzip der Gleichwertigkeit und der Gleichberechtigung jeder Einzelnen, aber auch daraus, dass der Wert der Arbeit jeder einzelnen Person nicht gemessen und beurteilt werden kann, ergibt sich das grundlegende sozialrechtliche und wirtschaftliche Prinzip des libertären Kommunismus: „Jede nach ihren Fähigkeiten, jede nach ihren Bedürfnissen!“ Einerseits bedeutet dies eine Demokratisierung der Produktion. Arbeit beruht grundsätzlich auf Freiwilligkeit; kein Mensch kann zu einer Arbeit gezwungen werden, die dieser nicht ausführen will. Das hat zur Folge, dass unbeliebte Arbeit, die jedoch unerlässlich ist, möglichst rationalisiert und pro Person auf ein Minimum reduziert wird. Der technische Fortschritt und die möglichst gleichmässige Aufteilung werden also gerade bei solchen Aufgaben besonders forciert. Anderseits werden die Früchte der gemeinsamen Leistungen allen zur Verfügung gestellt, egal, wie wenig oder viel der einzelne Mensch zu dieser bestimmten Arbeit beigetragen hat. Folglich wird das Privateigentum, insofern es eine Instanz für die Produktion und den individuellen Tausch darstellt, überflüssig sein und abgeschafft werden: Alles, was nicht für den eigenen Konsum bestimmt ist, also ein dem einzelnen Menschen eigenes, direktes materielles Bedürfnis zur Grundlage hat, ist im Besitz der Gemeinschaft. Ohne den individuellen Tausch wird natürlich auch das Geld als Tauschäquivalent obsolet sein. Die Angst, eines Tages mittellos zu sein, und der wirtschaftliche Neid entfallen durch diese Wirtschaftsordnung völlig. Auch werden die typischen Probleme unserer heutigen Gesellschaft – Rassismus und Antisemitismus, Sexismus und Homophobie, Konkurrenzdenken und Krieg – ihrer ökonomischen Grundlagen beraubt und damit realistischerweise aufhebbar.

Anarchafeminismus

Konsequenterweise gehört der Anarchafeminismus zum Anarchismus dazu. Diesem wurde in der Ver­gangenheit jedoch zu wenig Beachtung geschenkt. Traditionell war und ist die anarchistische Bewe­gung grösstenteils von Männern dominiert. Die anarchafeministische Diskussion der späten 70er und 80er Jahre verstehen wir daher als Aufruf und Forderung an die anarchistische Bewegung, die Proble­matik der Geschlechterhierarchie differenzierter zu betrachten und in Theorie und Analyse miteinzu­beziehen.

Feministinnen sind nicht zwingend Anarchistinnen, wie dies in den 70er Jahren von Kornegger und Ehrlich behauptet wurde. Von reaktionären und reformistischen Feminismen distanzieren wir uns. Durch Reform (zb. Quotenregelungen und Gleichstellungsmassnahmen) kann der Sexismus nicht überwunden werden. Auch wenn diese Reformen teilweise das Leben einer arbeitstätigen Frau und Mutter zu erleichtern scheinen, begünstigen sie vor allem das Weiterbestehen der kapitalistischen (Re-)Produktionsweise. Die Reformen als trügerische Lösungsvorschläge ändern nur scheinbar etwas an der Verteilung der Geschlechterrollen. Um alle Menschen zu befreien, braucht es jedoch eine tiefer­greifende revolutionäre Umstrukturierung der gesellschaftlichen Verhältnisse – u.a. die Aufhebung des Patriarchats und des Kapitalismus.

Unsere Gesellschaft lässt nur zwei Geschlechter zu. Tatsächlich existiert aber ein unendlich weites Spektrum von biosoziokultureller Geschlechterausprägung und sexueller Vielfalt. Bewegungen die sich mit gender und queer befassen leisten bezüglich der Aufhebung der dualistischen Gesellschaft einen wichtigen Beitrag. Es darf dabei jedoch nicht vergessen werden, dass Frauen nach wie vor als Frauen unterdrückt werden. In unserer Theorie und Praxis spielt es zwar keine Rolle, welches Ge­schlecht mensch hat, die gesellschaftliche Realität zwingt uns jedoch, auch als Frau zu kämpfen.

In der Betroffenheit (z.B. bei Opfern sexueller Übergriffe) erachten wir es als berechtigt, geschlechter­spezifische Gruppen zu bilden, im revolutionären Kampf gegen Sexismus und für die Befreiung der Menschen gibt es für uns jedoch keinen Grund zum Separatismus. Unser gemeinsames Ziel ist die Aufhebung der heteronormativen, dualistischen Auffassung der Geschlechterrollen – die Biologie soll dabei einen neutralen Stellenwert einnehmen – und der Mensch soll als Mensch in seiner Individuali­tät akzeptiert und respektiert werden.