Repression ist Scheisse!

Mit einer Spende an Antirep Winterthur Betroffene von staatlicher Repression unterstützen:

Verein Soli-Fonds, Bachtelstr. 70, 8400 Winterthur
Alternative Bank Schweiz, 4601 Olten, Konto-Nr. 46-110-7
IBAN CH69 0839 0034 1329 1000 3

 

1.12.07:
245 Personen von einem riesigen Polizeiaufgebot verhaftet.
15.12.07:
600 demonstrieren friedlich.


Foto aus dem Kessel
[Fotos1: indymedia] , [Fotos2: indymedia]


Medienmitteilung zur verhinderten RTS!
200 Personen von einem riesigen Polizeiaufgebot verhaftet. Unverhältnismässige Aktion gegen friedliche Jugendliche. 150 Personen verhaftet, darunter viele Unbeteiligte (u.a. auch Touristen). Bedenklich, dass politische Aktionen für Übungseinsätze gegen Hooligans (EURO08 Vorbereitung) missbraucht werden.

Im Vögeligärtli besammelten sich um 20Uhr circa 200 Personen, um ein „Strassenfest für mehr kulturelle Freiräume“ durch die Stadt Luzern zu veranstalten. Um 20.15Uhr fuhr die Polizei von allen Seiten mit einem absolut unverhältnismässigen Aufgebot von mind. 400 Polizisten in Kampfmontur beim Vögeligärtli auf und kesselte die friedlichen Teilnehmer ein. Die anwesenden Medien und Beobachter wurden von der Polizei abgedrängt, damit diese nicht sehen konnten, wie die Polizei wehrlose TeilnehmerInnen aus dem Polizeikessel verhaftete und in bereitgestellte Gefangentransporter verfrachtete. Oft ging die Polizei dabei unverhältnismässig und mit Gewalt (Schlagstockeinsatz) vor. Dabei kam es auch zu einigen Verletzen. Auf einen Teilnehmer kamen dabei 5 Polizisten. Uns ist nicht bekannt, warum für eine einfache Verhaftung zur „Gefahrenabwehr“ (O-ton: Beat Henseler. Kommandant Kapo Luzern) so viele Polizisten in Kampfmontur nötig sind.
Auch ein zweiter spontaner Umzug wurde gestoppt und mit Gummischrott und Wasserwerfer attackiert, obwohl keine Anzeichen von Aggressivität oder „Chaotentum“ unter den TeilnehmerInnen bestanden.
Die Sicherheitsdirektorin begründete das riesige Aufgebot damit, dass die Stadt vor der EM08-Verlosung in einem guten Licht stehen sollte. Die Polizei hat aber durch ihr Verhalten selbst die negativen Bilder für ausländische Medien geliefert. Ein bisschen mehr Pragmatik statt krasser „Verhinderungsideologie“ tut not!
Rechtstaatlich bedenklich ist, dass für Personen, die sich zufällig um 20.15 Uhr im Vögeligärtli befanden, NIE eine Möglichkeit bestand, aus dem Kessel heraus zu kommen. Somit wurden Personen verhaftet, ohne dass sie wussten, dass sie sich an einem nicht genehmigten Anlass befanden. Dazu zählen auch Touristen und Schaulustige...
Aus Polizeikreisen wird berichtet, dass dieser Polizeieinsatz bereits seit langer Zeit geplant war. Sie hatte seit geraumer Zeit mit einer Aktion aus dem Umfeld der Alternativkultur gerechnet und den Einsatz vorgeplant. Die Aktion ist auch im Rahmen einer Übung für die EURO 08 (Zusammenarbeit des Zentralschweizer Polizeikonkordat) zu sehen.
Es ist bedenklich, dass politische Aktionen für Übungseinsätze gegen Hooligans missbraucht werden!
Die Polizei zog es vor in der ganzen Stadt eine unkontrollierbare und unnötige Situation zu erzeugen. Die Polizei agierte aggressiv, planlos, chaotisch und verschleuderte unnötig zig Tausende Franken an Steuergelder.
Wir hatten bis am Samstagnachmittag Gespräche geführt mit der Stadt für einen reibungslosen Ablauf und eine Bewilligung von unserem Fest. Diese sind aber alle an der Unnachgiebigkeit der Stadt gescheitert, da es diesen anscheinend wichtiger war ihre Übung für die EM08 durchzuziehen, als die Ausübung demokratischer Grundrechte zu gewährleisten.
Dass unsere berechtigten Anliegen dafür hinhalten müssen, ist absolut unhaltbar! Wir fordern, dass die politische Verantwortungsträgerin zur Verantwortung gezogen wird! Ursula Stämmer hat ihr politisches Kapital mit dieser – dem Image Luzerns schadenden Aktion – verspielt! Die Stadt Luzern braucht mehr pragmatische Entscheidungen statt starre „Verhinderungsideologie“!

Aktion Freiraum

[Quelle: indymedia]


Medienmitteilung: Die Kultur steht auf der Strasse!
Der Kulturkompromiss ist tot: Die Alternativkultur hat aufgrund einer verfehlten Stadtplanung keinen Platz mehr in Luzern. Wir wollen diesen zurück.
Boa geschlossen
Die Schliessung der Boa nach 19 Jahren bedeutet nicht nur ein Verlust für die Alternativkultur, sondern auch ein Ende des Kulturkompromisses. Die Millionen, welche jährlich in die etablierte Kultur investiert werden, bleiben bestehen. Die 200'000 Franken, welche für die Boa aufgewendet wurden, sind ersatzlos gestrichen.
Das „Nachfolgeprojekt Südpol“ ausserhalb der Stadtgrenze von Luzern ist kein Ersatz. Dies belegt ein Auszug aus der kulturpolitischen Standortbestimmung der Stadt Luzern:
„Eine Kulturstadt braucht breite und lebendige Kulturszenen, die widerspenstig, unreglementiert, kritisch, aufmüpfig und anarchisch sind. Diese Szenen machen den Nährboden des kulturellen Lebens aus.“
Die Stadtentwicklungsmodelle weisen jedoch in eine komplett andere Richtung. Die Alternativkultur geht darin völlig unter.

Freiräume zerstört
Gleichzeitig wurden die beiden besetzten Häuser geräumt. Die dort selbst erschaffenen Freiräume damit zerstört. Die Fluhmattstrasse 63 und 65 musste der „Stadtaufwertung“ weichen, währenddessen die Hofstrasse 3 weiterhin als Spekulationsobjekt missbraucht wird. Auch die Gibraltarstrasse musste neuen überteuerten Wohnungen weichen.
Überhaupt fällt auf dass im Rahmen dieser Stadtentwicklung neue Wohnungen fast nur im mittleren und oberen Preissegment entstehen.

Wir sind noch hier
Der Alternativkultur wurden die Räumlichkeiten genommen, die Forderungen jedoch bleiben bestehen. Die „Aktion Freiraum“ ruft deshalb zu einem friedlichen Strassenfest für kulturelle Freiräume am 1.Dezember 2007 mit Start um 20h im Vögeligärtli auf.

Die alternative Kultur wurde auf die Strasse gestellt und diesen Ort nutzen wir jetzt!

Aktion Freiraum

Massenverhaftung in Luzern
Repressionswelle gegen Alternativkultur - 245 Personen verhaftet
Es sollte ein Strassenfest für mehr kulturelle Freiräume werden. An der Reclaim the Streets wollten engagierte Kulturaktivisten friedlich tanzend auf ihre Anliegen aufmerksam machen. Sie bekämpfen die Schliessung der Kulturlokals Boa, die ersatzlose Streichung der staatlichen Unterstützung für die Boa, die Räumung der beiden besetzten Häuser und gegen einen Wegweisungsartikel.
Nach 19 Jahren engagierter Jugend- und Alternativkultur ging die Stadt auf das Drängen der Anwohner aus den dicht nebenbeistehenden Neubauten ein: Sie liess die Boa schliessen und verweist die Jugend- und Alternativkultur an den Stadtrand. Auf die Tanzveranstaltung reagierte die Stadt Luzern alles andere als zimperlich. Die 800 TanzaktivistInnen im Vögeligärtli wurden eingekesselt und unter Gewalteinsatz wurden 245 Menschen einzeln in Käfigautos abtransportiert. Eine folgende Spontandemo wurde ebenso verhindert.
Artikel auf Indymedia:

Besetzte Häuser geräumt
Der Grosseinsatz vom 1.12.2007 stellt bloss ein neuer Höhepunkt des Bestrebens der Stadt Luzern kulturelle Freiräume zu verhindern, die nicht in ihr steril und kapitalträchtiges Stadtbild passt. Sie liess kurzerhand die beiden Luzerner besetzten Häuser räumen:
Artikel auf Indymedia:

EM lässt grüssen
Die Stadt begründet ihr gnadeloses Vorgehen gegen Alternativkultur damit, dass die Stadt in einem guten Licht für die EM-Gruppenauslosung „Final Draw“ dastehen soll.
Die AktivistInnen kritisieren, dass die Polizei an KulturaktivistInnen Ernsteinsätze gegen Hooligans probt. Es ist zu befürchten, dass im EM-Jahr 2008 vermehrt staatliche Repression gegen politische Veranstaltungen ausgeübt wird mit der Begründung, dass ein "geordneter Ablauf der EM-Spiele" sichergestellt werden müsse.

AntiRep Aufruf
Am 1. Dezember 2007 wurden 245 Personen in Luzern vorläufig festgenommen. Nur zu einem Teil der Betroffenen besteht Kontakt.
Bitte meldet euch mit euren Erlebnissen beim AntiRep Luzern. Wir werden die einzelnen Geschichten sammeln und abklären, wie weit juristisch dagegen vorgegangen werden kann. Falls ihr Fragen habt, werden wir versuchen, sie zu beantworten. Wir werden euch auch beraten, falls ihr eine Strafverfügung des Amtsstatthalteramtes bekommt. Möglich wäre auch eine gemeinsame Aufsichtbeschwerde.

Wichtig ist im Moment, dass ALLE (!) Festgenommenen kurze Gedächtnisprotokolle schreiben und mit den wichtigsten Daten (Ort der Verhaftung, Ort der Freilassung, Zeitdauer der Festnahme, Name, Adresse, Email, Telefon, Alter etc.) an uns mailen. Habt jedoch Geduld, wenn ihr nicht umgehend was von uns hört, da eine Zahl von 245 vorläufig Festgenommenen doch verdammt hoch ist. Deine Angaben werden selbstverständlich von uns vertraulich behandelt.
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Offener Brief zur Polizeiaktion gegen die RTS Luzern
Die Leidtragenden des brutalen Polizeieinsatzes vom 1. Dezember in Luzern fordern von der Stadt, sich öffentlich für die Missstände im Sonnenberg-Zivilschutzanlage-Gefängnis zu entschuldigen. Untenstehend der Brief, welcher an Sicherheitsdirektorin Stämmer und Poizeikommandant Röhtlisberger gesandt wurde.
Offener Brief an Ernst Röthlisberger und Ursula Stämmer-Horst betreffend
Polizeieinsatz gegen das friedliche Strassenfest vom 1. Dezember

Sehr geehrter Herr Röthlisberger, sehr geehrte Frau Stämmer

Wir, die Opfer der missglückten EM-Generalprobe, sind schockiert und teilweise psychisch traumatisiert von den Haftbedingungen in der Zivilschutzanlage Sonnenberg. Sie haben bewusst in Kauf genommen, dass die friedlichen jungen Menschen in folgenden unmenschlichen Haftbedingungen ausharren mussten:
  • Masslos überfüllte Zellen: Teilweise fehlte der Platz, um sich auf den dreckigen Betonboden zu setzen.
  • Fehlende Lüftung: Die Folge waren Temperaturen bis über 30 Grad, extrem bis unaushaltbare Luftverhältnisse.
  • Einigen Gefangenen wurde es untersagt auf das WC zu gehen. Das Resultat war, dass einige in der Zelle urinieren mussten und so die Gefangenen in Urinlachen verweilen mussten.
  • Stundenlang keine Rechtsmittelbelehrung.
  • Stundenlanges Warten um sich dann nackt ausziehen zu müssen, obwohl die Kleider zum Teil nicht kontrolliert wurden. Also eine reine Schikane.
  • Auch nach 10 Stunden Gewahrsam stand keine Verpflegung zur Verfügung.
  • Viele der Inhaftierten mussten über mehrere Stunden mit zu stark angezogenen Kabelbindern oder auf den Knien sitzend ausharren, bis sie ihre Finger oder Beine nicht mehr spürten.
  • Bei der Verhaftung wurde gegen mehrere wehrlose Menschen Pfefferspray mitten in das Gesicht gesprüht.
  • Bei der Freilassung wurden die meisten in Industrieareale von Agglomerations- gemeinden verfrachtet, ohne Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel.
Sie haben in den Medien bereits zugegeben, dass diese Zivilschutzanlage für solche Anlässe nicht „optimal“ sei. Für 245 Menschen kommt diese Erkenntnis zu spät. Wir sind der Überzeugung, dass es nicht als Erfolg gewertet werden kann, wenn 245 friedliche Menschen wie Tiere eingesperrt werden.

Im Gegenteil, wir fordern Sie auf, sich öffentlich bei den Geschädigten für diese Haftbedingungen zu entschuldigen.

Grüsse
Die Geschädigten

Erklärung der IKU Boa
Die IKU Boa ist schockiert über die staatliche Repression rund um den 1. Dezember. Sie solidarisiert sich mit den 245 Festgenommenen.
IKU Boa
Geissensteinring 41
6005 Luzern
http://www.boaluzern.ch
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ERKLAERUNG
Luzern, 7. Dezember 2007

Massenverhaftung vom 1. Dezember 2007
Aufruf zur Verweigerung von Zivilschutzdienst

Die beiden Sicherheitsdirektorinnen von Kanton und Stadt haben offensichtlich ein Führungsproblem. Sie wissen nicht, was ihre Polizeikräfte tun – und wollen es nicht wissen. Der unfreiwillige Abgang des Polizeikommandanten Pius Segmüller scheint die Probleme der Stadtpolizei nicht gelöst zu haben. Im Gegenteil. Die Zuständigkeit von städtischer und kantonaler Polizei im Falle der Massenverhaftung ist diffus. Untragbar sind die Versuche der Verantwortlichen die gravierenden Vorfälle im Notgefängnis Sonnenberg zu leugnen und zu verdrehen.

Eine inakzeptable Rolle bei der Masseninhaftierung spielte der Luzerner Zivilschutz. Neben ihrer Betreuungsfunktion waren die Zivilschützer der Gruppe Cobra der ZSO Pilatus in polizeidienstliche Aufgaben eingebunden. Dabei nahmen sie auch polizeihoheitliche Handlungen vor: Sie durchsuchten die Effekten der Verhafteten, waren bei Leibesvisitationen anwesend und photographierten die Gefangenen. (http://www.youtube.com/watch?v=E478jQkYyZc). Das ist unhaltbar und keine Aufgabe des Zivilschutzes.

Die IKU Boa ruft die Zivilschutzleistenden der Schweiz auf, sicherheitsdienstliche Einsätze kategorisch zu verweigern. Und zwar sicher bis:
  • die Vorfälle im Notgefängnis Sonnenberg restlos aufgeklärt sind.
  • eine öffentliche Diskussion über Auftrag und Zweck des Zivilschutzes stattgefunden hat.
Der Zivilschutz ist nicht der verlängerte Arm der Polizei. Er dient dem Schutz der Bevölkerung und nicht dem Staat bei der Repression gegen Andersdenkende.

Die IKU Boa appelliert an die Vernunft der städtischen Behörden den kulturpolitischen Konflikt nicht noch weiter eskalieren zu lassen.

IKU Boa, Trägerverein ehemaliges Kulturzentrum Boa

Reclaim the Seats in Luzern
Am Dienstag Abend versammelten sich am Bahnhof in Luzern bis zu 60 Menschen zu einem "Reclaim the Seats". Sie wollten damit ein Zeichen setzen gegen die Repression an der Reclaim the Streets (Strassenparty) vom vergangenen Samstag, gegen die Unterdrückung alternativer Kultur und gegen den drohenden Wegweisungsartikel.
Um 20 Uhr versammelten sich die Menschen auf dem Bahnhofsplatz. Es wurden Transparente aufgehängt und vieeele Stühle aufgestellt. Es gab Essen und Getränke für alle Hungrigen und Durstigen und Live-Musik.
Bald startete die erste Runde des "Reclaim the Seats". Dabei ging es darum, um die im Kreis stehenden Stühle zu tanzen, die den Kessel vom Samstag symbolisieren sollten, und beim Stoppen der Musik einen Stuhl zu ergattern. Wer keinen Stuhl ergatterte, landete im Kessel bzw. im Sonnenberg.

Viele PassantInnen blieben intressiert stehen und schauten zu. Über Megaphon wurden diese über die Gründe des Spektakels informiert.
Eine gelungene Aktion, doch unser Widerstand muss weitergehen!

WOZ vom 06.12.2007: Luzern. Das Aufwärmtraining. Von Dinu Gautier
Eine solche Verhaftung gab es im Kanton noch nie: Die Polizei hielt 245 DemonstrantInnen eine Nacht lang in einer Zivilschutzanlage fest. Verantwortlich dafür war der Euro-08-Sicherheitschef.

Luzern hatte sich herausgeputzt, um der europäischen Fussballelite zu gefallen. Da gab es keinen Platz für eine mobile Strassenparty, mit der Jugendliche gegen die Schliessung des Kulturzentrums Boa und für den Erhalt von alternativem Wohnraum demonstrieren wollten (siehe WOZ 44/07). Auch wenn sie nur zufällig am Vorabend der Euro-08-Auslosung stattfinden sollte. Hunderte PolizistInnen aus der ganzen Zentralschweiz kesselten am Samstag die DemonstrantInnen schon bei der Besammlung um 20 Uhr ein. Diese reagierten mit Sprechchören: «Wir sind friedlich - was seid ihr?» Die Antwort kam postwendend: Teilweise unter Pfefferspray- und Schlagstockeinsatz wurde jedeR einzeln aus der Menge gezerrt und anschliessend gefesselt.

Ausgesetzt am Stadtrand
Polizeiwagen brachten die meisten der 245 Verhafteten in die grösste Zivilschutzanlage der Schweiz - den «Sonnenberg». Die unterirdische Anlage war einst erstellt worden, um beispielsweise bei einer atomaren Katastrophe bis zu 20 000 Menschen unterbringen zu können. Nun «beherbergte» sie eine Nacht lang die Verhafteten, wobei sie ihnen alles andere als Schutz bot.

Er sei zunächst mit über vierzig Personen während längerer Zeit gefesselt in einer heissen Zelle festgehalten worden, erzählt der 22-jährige David Roth, Vorstandsmitglied der Juso Luzern. Dort habe es kein Wasser und keinen Toilettenzugang gegeben. «Der Zellenboden wurde zu einer einzigen Urinpfütze.»

Auch der 32-jährige Dirk, der zum ers­ten Mal in seinem Leben verhaftet wurde, erlebte eine anstrengende Prozedur. Die PolizistInnen seien überfordert gewesen, es habe ein allgemeines Chaos geherrscht, und einzelne Inhaftierte seien im Laufe der Nacht regelrecht durchgedreht. «Mit der Zeit war ich total fertig und wollte nur noch raus.» Nach 6 Uhr früh hätten ihn Polizisten zum Vorort Kriens gefahren und dort «ausgesetzt», obwohl er in Luzern wohne.

Zivilschutz hilft mit

Eins ist klar: Eine solche Verhaftungsaktion gab es im Kanton Luzern noch nie. Schweizweit ist sie höchstens mit dem «Kessel von Altstetten» von 2004 vergleichbar, wo über 400 FC-Basel-Fans verhaftet wurden, als sie in einem Extrazug zum Auswärtsspiel in Zürich hatten reisen wollen.

Und damit zurück zur Euro und zum Fussball: Vor einer Woche durften ausgewählte Schweizer PolizistInnen in Baden-­Württemberg mit ihren deutschen KollegInnen die Verhaftung von Hooligans für die Euro 08 üben. Mit dabei war Beat Hensler, Präsident der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten. Am Freitag wird er den Medien gemeinsam mit Samuel Schmid das Sicherheitskonzept zur Euro präsentieren.

Am Samstag in Luzern war Hensler der «Führungsverantwortliche» für den Sonnenberg. Hier standen ihm neben den eigenen Beamten zwar keine ausländischen Ordnungshüter zur Verfügung, er konnte aber auf die Hilfe einer unbekannten Anzahl Zivilschützer zählen. Der Zivilschutz wird auch während der Euro 08 zusammen mit Tausenden Militärangehöriger die Polizei unterstützen. Polizeiliche Kompetenzen hat er dabei aber nicht.

Wie eine solche Unterstützung während der Euro 08 aussehen könnte, haben die Gefangenen vom Sonnenberg erlebt. Als sich David Roth nackt ausziehen musste, sei ein Zivilschützer neben dem durchsuchenden Polizisten gestanden und habe zugeschaut. Später habe ihn ein Zivilschützer gar im Auftrag der Polizei mit einer Polaroidkamera fotografiert. Diese Beobachtung bestätigen weitere Zeugen. Der WOZ liegt ausserdem ein Video vor, das mit einem in die Anlage geschmuggelten Handy aufgenommen wurde. Es zeigt, wie Zivilschützer Plastiktüten durchsuchen. Sie enthalten Gegenstände, welche den Gefangenen vorher abgenommen wurden.

Die Polizeidirektorin der Stadt Luzern, Ursula Stämmer-Horst (SP), betont hingegen, der Zivilschutz habe «keine polizeihoheitlichen Aufgaben übernommen.» Sie bezeichnet den Polizeieinsatz vom Wochenende als verhältnismässig: «Luzern stand im Schaufens-ter, die ganze Welt blickte auf uns. Wir konnten und wollten kein Risiko eingehen.» Aber es habe sich nicht um eine Übung im Hinblick auf die Euro 08 gehandelt. Ob geplante oder ungeplante Übung: Die Zentralschweizer Polizeikräfte werden während der Euro die Polizei in Bern verstärken. Dann wird auch Bern «im Schaufenster stehen».

20min, 3.12.07: «Die Polizei schlug wahllos mit Knüppeln auf uns ein»
Die Luzerner Polizei verhaftete laut Betroffenen wahllos Passanten und Teilnehmer einer Mini-Demonstration. 250 meist junge Menschen wurden in Handschellen gelegt und bis am Sonntagmorgen in Kleinzellen gesteckt. Die Polizei räumt Probleme bei den Abläufen ein.
Ein unbewilligtes Strassenfest gegen die Schliessung der Boa und für mehr kulturelle Freiräume artete am Samstagabend im und ums Vögeligärtli zur gigantischen Polizeiaktion aus. Die Polizei verhaftete insgesamt 245 Leute. Die Teilnehmer wurden nach mehreren unabhängigen Angaben von der Polizei cirka um 20 Uhr völlig unvermittelt umzingelt. Rund 400 Polizisten kesselten die Teilnehmer der Pro-Boa-Aktion ein. «Die Polizei reagierte völlig unverhältnismässig und schlug wahllos mit Fäusten, Knüppeln und Schildern auf uns ein», sagt Jacqueline Wüst. «Drei Polizisten drückten mich zu Boden, jetzt habe ich überall blaue Flecken», sagt die 18-Jährige weiter.

Die Polizei weist diese Vorwürfe zurück. «Mehrzweckstöcke stehen den Polizisten zur Abwehr zur Verfügung», sagt Ernst Röthlisberger von der Stadtpolizei Luzern. Kritik hagelt es auch wegen der Unterbringung der Festgenommenen in der ehemaligen Zivilschutzanlage Sonnenberg. «Die Festgenommenen mussten sich nackt ausziehen und wurden teilweise bis am Sonntagmorgen festgehalten», sagt ein anderer Demonstrant.
Pro Zelle seien es rund zwölf Personen gewesen, sie hätten nur Wasser bekommen und ohne Decken auf dem kalten Steinboden ausharren müssen. «Wir werden in Sachen Abläufe und Unterbringung bei Massenfestnahmen über die Bücher gehen», sagt Röthlisberger dazu.

Bei der Massenverhaftung, die sich für die meisten von 20 Uhr abends bis morgens um sechs Uhr hinzog, wurden offenbar auch zahlreiche zufällige Passanten «einkassiert». Ein junges Pärchen aus Zürich, das zufällig an dem Park vorbeikam, fand sich plötzlich im Polizeikessel wieder. «Es gab kein Entkommen», erzählt die 20-jährige Elvira M. aus Zürich (Name der Redaktion bekannt). «Ich wurde von meinem Freund getrennt und fand mich in einer stickigen Zelle mit Prostituierten, Schwangeren und anderen Frauen wieder. Mir kam es vor, als hätte die Polizei einfach eine Riesenübung durchgezogen, und ich war eines der Opfer.» Sie wurde morgens um fünf nach der nächtlichen Tortur mit stundenlangem Gefesseltsein in einer Zelle, in der es kaum Luft gab, freigelassen.

20min, 4.12.07: «Wir waren stundenlang gefesselt»
Ein Zürcher Rekrut und seine Freundin wollten in Luzern in den Ausgang. Doch die beiden gerieten zunächst in die unbewilligte Boa-Demo und dann in einen polizeilichen Alptraum, den sie noch Tage danach nicht vergessen können.
Die beiden jungen Zürcher Elvira Z. und ihr Freund Daniel C. (Namen der Redaktion bekannt) wollten am Samstagabend in Luzern eigentlich mit Freunden in den Ausgang. Plötzlich erklang von unweit Musik. Angelockt von der Musik machten sie einen «Abstecher» ins «Vögeligärtli». Dort stand eine Schar junger Leute um einen Leiterwagen, auf dem zwei Plattenspieler standen und zwei Boxen vor sich hinschepperten. «Höchstens hundertfünfzig Leute standen dort herum. Was die dort suchten, wussten wir nicht, wir kamen auch nicht dazu, zu fragen», sagt Daniel. Noch bevor das erste Lied zu Ende war, rückte eine geschlossene Schar Polizeigrenadiere an und sperrte sämtliche vier Ausgänge der parkähnlichen Anlage.

Es gab kein Entkommen, erzählt Daniel, der sich so auf das Wochenende gefreut hatte. Der junge Maturand absolviert zurzeit die Rekrutenschule in Urnäsch. Wurden die Leute denn nicht aufgefordert, den Platz zu verlassen, oder die Versammlung aufzulösen? «Nein, das ist es ja gerade», ereifert sich Elvira. «Die haben einfach alle innert einer Minute eingekesselt und dann eingelocht. Sofort waren Beamte da, die das Geschehen gefilmt haben. Wir haben uns zwar vorgedrängt und gesagt, wir hätten nichts mit der Demonstration zu tun. Aber wir wurden überhaupt nicht ernst genommen.»

Gefesselt und auf den Knien pinkeln
Rund zwei Stunden lang blieb der Kessel bestehen. «Da waren bestimmt 400 Polizisten im Einsatz, die kamen aus allen Kantonen. Man merkte das an den Uniformen und auch die Dialekte waren verschieden», sagt Elvira. «Mich hat dann schlussendlich einer aus dem Kanton Schwyz aus dem Kessel gezogen und gekennzeichnet». Gekennzeichnet? «Ja, ich hab ihm schliesslich die Hände hingehalten, damit sie mich verhaften können. Dann hat er mir die eine Hand hinter den Rücken in eine Handschelle gelegt. Auf die andere Hand hat er mir eine Erkennungsnummer gemalt.»

Alle wurden mit den Händen auf dem Rücken gefesselt. Elvira bekam richtige metallene Handschellen, anderen wurden die Hände mit Kabelbindern festgezurrt. «Dabei leistete niemand auch nur den geringsten Widerstand», empört sich Daniel noch am nächsten Tag. «Wir wurden absolut unmenschlich behandelt, ich musste zum Beispiel kniend mit den Handschellen auf dem Rücken pinkeln. Rund herum standen Leute, aber die Polizisten kümmerte das nicht.»

«Überall stank es nach Pisse»
Nach der Verhaftung folgte eine nächtelange Odysse durch den improvisierten Luzerner Polizeiapparat. Um 21 Uhr wurden die Verhafteten in die Zivilschutzanlage Sonnenberg in Luzern verfrachtet. Daniel wurde mit 30 anderen gefesselten Personen in eine Zelle gesteckt. «Es stank nach Urin. Aufs WC durfte und konnte niemand», sagt Daniel. Anschliessend wurden sie in kleinere Zellen gebracht. «Darin konnte man nicht aufrecht stehen, die waren so klein», so der Maturand. Rund acht Personen, Frauen und Männer, warteten in der stickigen Zelle eine Stunde, ehe wenigstens eine Fensterluke etwas geöffnet wurde. Daniel: «Wir stürzten uns abwechselnd an die Lucke um ab und zu etwas Luft zu bekommen. Überall stank es nach Pisse, weil die Leute nicht aufs WC konnten.»

Seine Freundin Elvira wurde mit rund 15 Personen in eine Zelle gesteckt. «Auch wir konnten nicht gerade stehen. Wir waren alle seit Stunden gefesselt und hatten kaum Luft», schildert sie die Ereignisse. «Wir bekamen mit der Zeit Angst, dass die Polizei uns vergessen hat.» Die Handschellen und Handfesseln schnitten einzelnen Gefangenen immer tiefer ein. «Eine Frau hatte schon eine total blaue Hand.» Geschlagene anderthalb Stunden wartete Elvira. Dann wurde sie in eine Einzelzelle geführt. Dort musste sie sich bis auf die Unterwäsche ausziehen und wurde fotografiert. «Auch die Beine und den Körper nahmen sie auf», sagt Elvira. «Einer schwangeren Frau, die kurz vorher dran war, erging es nicht besser» sagt Elvira.

Das volle Programm
Gegen 23 Uhr wurde sie von zwei Beamten verhört. Die Beteuerungen, nichts mit der Demo zu tun zu haben, brachten nichts. Immerhin, so gegen Mitternacht wurde sie in eine grössere Zelle mit rund 20 Frauen gebracht.
Auch ihr Freund Daniel erlebte zu dieser Zeit das volle Programm. Verhören, Fotografieren nackt bis auf die Haut ausziehen. Um 23 Uhr wurde Daniel anschliessend in eine Zelle mit lauter Zürchern gesteckt. Die Handschellen wurden nun abgenommen. Zudem gab es nun Wasser und die Verhafteten durften auf die Toilette. Das Ende der Polizeiaktion war aber noch lange nicht in Sicht.

«Irgendwann, so gegen Mitternacht, wurden uns wenigstens Jacken ausgehändigt. Es blieb dann relativ ruhig in unserer Zelle. Gestört wurden wir nur, wenn wieder neue Personen in unseren Raum gebracht wurden». Um 4 Uhr morgens wurde Elvira in einer Sechsergruppe in einen Kastenwagen gebracht und ins Hauptgebäude der Stadtpolizei gebracht, wo die offizielle Effektenrückgabe stattfand. Um 5 Uhr ging sie auf den ersten Zug. Wo ihr Freund war, wusste sie nicht.

Dieser wurde um 5 Uhr morgens zusammen mit einer Sechsergruppe entlassen und gleich wieder in einen Kastenwagen gesperrt. Statt auf den Hauptbahnhof wurden sie aber irgendwo in der Nähe von Kriens ausgeladen. Mühsam fand der Zürcher wieder zum Bahnhof zurück. Um 7.20 Uhr war er zurück in Zürich.

Polizei rief nie dazu auf, den Platz zu verlassen
Die Polizei widerspricht in einigen Punkten der Darstellung des jungen Pärchens. «Es gibt zwar abgeschrägte Räume, aber jeder, der nicht gerade 2,10 Meter gross ist, kann dort aufrecht stehen», sagt Polizeikommandant Beat Hensler gegenüber 20minuten.ch. Zudem hätten alle auf die Toilette gehen können. Dass die beiden Zürcher unbeteiligt gewesen seien, will man nicht gelten lassen. «Es wurde in den Medien über die unbewilligte Demonstration berichtet. Man wusste, dass sich im Vögeligärtli insbesondere Personen der Demo aufhalten. Man habe allerdings die Leute nicht aufgerufen, den Platz zu verlassen.

Im Sonnenberg seien schwangere Frauen und Jugendliche unter 15 Jahren «so schnell wie möglich» an die Reihe gekommen. «Aber im Sonnenberg behauptete ein Grossteil der Betroffenen, sie seien unschuldig.» Auf dieses Argument konnte deshalb nicht eingegangen werden. Die Polizei bestätigte, dass einige um fünf Uhr morgens entlassen wurden. «Aber wir hätten sie laut geltendem Recht auch 24 Stunden festhalten können.»

20min, 4.12.07: «Urin floss durch den Raum»
Das harte Durchgreifen der Luzerner Polizei gegen eine unbewilligte Demonstration haben auch zahlreiche 20minuten.ch-Userinnen und –User am eigenen Leib erfahren. Im Feedback schildern sie ihre Erlebnisse.
André G.*: «Ich war ein Passant, wohne circa 250 Meter vom Vögeligärtli entfernt. Ich wurde trotz Rückfrage bei der Verhaftung nicht über den Grund der Verhaftung informiert. Beim Transport in den Sonnenberg war ich gefesselt und auf Knien am Boden des Kastenwagens. Ich war etwa eine Stunde so auf den Knien mit starken Schmerzen - ich leide unter Kniearthrose und wurde trotz Mitteilung so weitertransportiert. Im Bunker selbst gab es keinen Zugang zu Toiletten, die Gefangenen urinierten mit der Zeit in die Massenzellen, da es keine andere Möglichkeit gab».
Flavio L.*: «Es wurden alle, die sich in dem öffentlichen Park befanden, zusammengetrieben. Dann begannen die Polizisten einzelne Personen aus der Menge zu zerren und zu schlagen. Neben mir wurde jemand weggerissen und als ich etwas mitgezogen wurde, wurde mir sogleich eine offene Hand ins Gesicht geschlagen. Meine Brille flog davon.»

Rolf S.*: «Da so gut wie niemand aufs WC konnte, standen wir bald in unserer eigenen Pisse. Es herrschten völlig chaotische Zustände. Die Luft war stickig und in seinen Winterkleidern ging man vor Hitze beinahe ein. Wir bitteten einen Polizisten, doch für kurze Zeit die Zellentüre zu öffnen. Er reichte uns durchs Fenster zwei leere Pet-Fläschchen und meinte, hier habt ihr Frischluft.»

Martina T.*: «Der Boden in den Zellen war kahler Beton. Es gab keine Matten, Decken oder ähnliches, obwohl einzelne über 6 Stunden darin ausharren mussten. Ich und eine weitere Frau mussten sehr dringend aufs WC. Es wurde aber immer gesagt, dies sei erst möglich, wenn man an der Reihe sei zur Fichierung. Als die Schmerzen der Blase unerträglich wurden und wir bereits in eine Ecke am Ende des Eingangstunnels urinieren wollten - nach insgesamt bereits 5 Stunden ohne WC - wurden wir davon abgehalten und es ging dann doch noch schneller.»
Jason M.*: «Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass so was in der Schweiz möglich ist. Ich habe am ganzen Körper mehr oder weniger blaue Flecken und voll eins ins Schienbein gekriegt, dass ich zusammengesackt bin wie ein Sack Kartoffeln.»

Philipp J.*: «Durch einen Greifftrupp wurde ich relativ grob aus den Menschen gezogen. Zudem wurde ich am Hals gewürgt und von etwa drei Beamten auf den Boden gedrückt.»

Cyrill P.*: «Ich sass in einer Zelle, in der eine Raumtemperatur von mehr als 36 Grad herrschte. Es stank, da ein Nebenraum als Toilette herhalten musste. Mit mir waren etwa 50 weitere Verhaftete auf einem Raum von 28 m2 zusammengepfercht. Ich war dort etwa sieben Stunden lang. Es gab keinen Platz zum Liegen oder den Rücken an einer Wand zu entspannen. Urin floss durch den Raum, nur ein Becher Wasser für die Zelle, keine Möglichkeit, auf die Toilette gehen zu können. Es war menschenunwürdig!»
* Name der Redaktion bekannt

Blick, 7.12.07: Herr Polizeikommandant: War alles seit Monaten geplant?
LUZERN – Der Luzerner Polizei-Chef Beat Hensler: Gestern produzierte er sich als Polizei-Chef der Euro 08 zusammen mit anderen Polizeikommandanten vor Bundesrat Schmid. Und in Luzern warten nach der skandalösen Massenverhaftung viele offene Fragen auf Antworten. Hensler sagt gar nichts. Und auch keiner der anderen Verantwortlichen sagt etwas. Aber vieles deutet darauf hin: Der Euro-Chefpolizist wollte mit einem Heimspiel gegen unbewaffnete Demonstranten den Hooligan-Ernstfall proben.

Falls es so war: Die kurzzeitige Mobilisierung Hunderter Kampfpolizisten klappte reibungslos. Kompliment. Die Gefangenentransporter – darunter acht brandneue – standen längst bereit. Und der Horrorknast im Tunnelstollen wartet schon seit Jahren auf fette Beute.
Aber in den Verliesen der ehemaligen Zivilschutzanlage ging am letzten Wochenende praktisch alles in die Hose. Schockierte Bürger möchten den «Hausherrn» des unterirdischen Horrorknasts gerne fragen:

  • Herr Polizeikommandant, als Präsident der Schweizer Polizeikommandantenkonferenz sind sie oberster Sicherheitschef für die Euro 08. Ist die ehemalige Zivilschutzanlage Sonnenberg tatsächlich ihr Euro-08-Knast?
  • Seit wann liegt der Schlachtplan für eine
    Massenverhaftung in Ihrer Schublade?
  • Stimmt es, dass auch zufällige Passanten schmorten?
  • Mit welcher rechtlichen Grundlage wurden Menschen verhaftet, von denen man in vielen Fällen bloss annahm, dass sie an einer unbewilligten Demo teilnehmen wollten?
  • Warum wurden die Eltern verhafteter
    Kinder erst Stunden nach der Verhaftung orientiert?
  • Warum dauerte es bis zu vier Stunden, bevor die Verhafteten in die Massenzellen kamen?
  • Warum wurden sie in den Zellen nicht von den Fesseln befreit?
  • Warum hat man nicht genügend Wasser und Toiletten für sie bereit gestellt?
  • Warum wurden alle – auch Minderjährige – wie Verbrecher erkennungsdienstlich erfasst und mussten sich ausziehen?
  • Warum wurden die Festgenommenen später wie wilde Tiere irgendwo ausserhalb der Stadt ausgesetzt? Herr Polizeikommandant, diese und weitere Fragen stellen sich schockierte Bürger. Sie hätten gerne Antworten.

  • Polizeiopfer des Henseler-Horrorknasts wehren sich!
    Heute [7.12.] orientierte die Kantonalen Justiz- und PolizeidirektorInnenkonferenz in Bern die Medien zu den getroffenen Sicherheitsdispositionen an der UEFA – EURO 08. Natürlich anwesend: „Sicherheitsverantwortlicher“ Beat Henseler, Präsident der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten. Henseler gilt als„Führungsverantwortlicher“ für die katastrophalen Zustände im Luzerner Horror-Knast, die seit letzter Woche Medien, Strafrechtsexperten und Amnesty International beschäftigen.

    Die Opfer der skandalösen EM-Sicherheitshauptprobe, friedliche KulturaktivistInnen, haben die Gelegenheit genutzt, um auf die Grundrechtsmissachtung und die desaströse Polizeistrategie aufmerksam zu machen. Verkleidet als Gefangene mit Säcken um die Köpfe und gefesselten Händen verteilten sie vor dem Eingang Flyer an Medien und PolitikerInnen.

    Der anwesende Bundessicherheitsdienst versuchte mit harschen Worten und Provokationen die spontane Aktion zu unterbinden. Wer auch nur einen Schritt durch die Einganstür mache, werde wegen Hausfriedensbruch angezeigt. Weil die Aktivisten Ruhe bewahrten, weiter informierten und keinerlei Anlass zu einem polizeilichen Eingreifen gaben, wurde der anwesende Kommunikationschef „VBS - Projektorganisation Öffentliche Hand UEFA EURO 2008“ Christoph Neuhaus zunehmend nervös. Neuhaus zückte seine Karte, verwickelte die Aktivisten in ein Gespräch und versuchte sie vom Flyer verteilen abzuhalten. Als ein Aktivist ihm darauf freundlich mitteilte: „Wir möchten nicht mit Ihnen sprechen, sondern mit den Journalisten“, antwortete Neuhaus unmittelbar: „Das ist faschistoid. Ihr seid Faschos!“ (Gespräch im Originalwortlaut). Das Gespräch fand ein Meter neben vor Eingang statt und wurde von einer Kamera aufgezeichnet. Ausserdem gibt es 3 Zeugen.
    Damit ist dem Kommunikationschef Neuhaus nicht nur ein höchst unprofessioneller Aussetzer passiert, er hat sich zudem der Beschimpfung Art. 177 StBG strafbar gemacht.

    Die drei Betroffenen Aktivisten verlangen von Herrn Christoph Neuhaus bis Montag eine Entschuldigung. Sollte das nicht geschehen, muss er mit einer Anzeige rechnen.

    Flugblatt: Aussetzer der Menschenrechte
    Eine friedliche Demo mit ca. 200 Leuten wird nach 100m eingekesselt, sämtliche Personen(ob zufällig anwesend oder nicht) werden zusammengetrieben und einzeln abgeführt, kontrolliert und mit Transportern in einen unterirdischen Bunker gebracht, wo die Leute in mehreren Zellen ohne Frischluft und mit wenig Wasser Stunden warten müssen. Danach wird eine Leibesvisitation durchgeführt bei der alle Kleider ausgezogen werden müssen, um danach für weitere Stunden wieder in eine Zelle gesperrt zu werden. Das Ganze mitten in der Nacht bei vollem Licht, mit einschneidenden Handschellen. Danach noch ein Verhör mit Kontrolle der persönlichen Gegenständen, bis mensch dann
    nach 9 – 11 Stunden wieder auf freien Fuss gesetzt wird.

    Dies ist keine erfundene Geschichte, Nein, sie ist genauso passiert. Und sie ist weder in einer Militärdiktatur noch in einem 3. Welt Land passiert, Nein! Das ganze passierte in Luzern, in Mitten des…
    …Polizeistaates Schweiz…
    … wo sich am Samstag dem 1.Dezember 2007 ca. 200 Leute trafen, um friedlich für mehr kulturellen Freiraum und gegen einen diskriminierenden Wegweisungsarktikel zu Demonstrieren. Kurz nach dem Start der Demonstration, kamen plötzlich unzählige Polizisten aus allen Seitengassen zum Vorschein und kesselten die absolut friedliche Kundgebung, um dann Person um Person teilweise brutal(mit Schlagstock & Pefferspray) festzunehmen. Widerstand wurde dabei nur passiv mit Menschenketten geleistet, diese wurden jedoch brutal auseinandergerissen.
    In einem ehemaligen Zivilschutzbunker in teilweise völlig überfüllten Gefängniszellen, galt es dann die Nacht zu überstehen. Die Bedingungen waren alles andere als menschenrechtskonform, schlicht MenschenUNwürdig. Dazu kommt, dass der Polizeieinsatz völlig übertrieben und niemals in irgendeiner form gerechtfertigt war.
    Nach ewigem warten in Ungewissheit, wurde dann Person für Person Verhört und endlich wieder freigelassen.
    Dieser skandalöse Polizeieinsatz war lange vorher geplant und diente zu einem nicht zu unterschätzenden Teil als EM08-Übung. Ein anderes Ziel, war die Einschüchterung des Widerstandes gegenüber der Diktatur des Staates.
    So etwas darf nie wieder vorkommen!

    Wer Kulturelle Freiräume ersatzlos streicht und friedlicher Protest dagegen in diesem Masse verhindert, hat seinen gesunden Menschenverstand längst verloren! Und rollt dem weiteren Protest den roten Teppich aus!

    Unsere Kultur steht auf der Strasse!

    Die Schliessung der Boa nach 19 Jahren bedeutet nicht nur der Verlust einer schweizweit angesehenen Alternativkultur, sondern auch ein Ende des Luzerner Kulturkompromisses. Die Millionen, welche jährlich in die etablierte Kultur investiert werden, bleiben bestehen. Die 200'000 Franken, welche für die Boa aufgewendet wurden, sind ersatzlos gestrichen. Dies belegt ein Auszug aus der kulturpolitischen Standortbestimmung der Stadt Luzern:
    „Eine Kulturstadt braucht breite und lebendige Kulturszenen, die widerspenstig, unreglementiert, kritisch, aufmüpfig und anarchisch sind. Diese Szenen machen den Nährboden des kulturellen Lebens aus. Für diese kulturelle Grundversorgung hat Luzern eine Verantwortung.“
    Die Stadtentwicklungsmodelle weisen aber in eine völlig andere Richtung. Die Alternativkultur in Luzern wird ausgetrocknet!

    Gleichzeitig wird wertvolle Bausubstanz abgerissen und das Zentrum Luzerns den wohlhabenden Menschen reserviert. Durch luxuriöse Wohnungen wird billiger Wohnraum in der Stadt eine Rarität. Letzte Freiräume an der Fluhmattstrasse 63 und Hofstrasse 3 für Menschen mit schmalem Budget und kreativen Ideen werden polizeilich geräumt und lieber leer gelassen, als diese einer sinnvoller Nutzung zu überlassen. Zudem mussten auch die Häuser an der Fluhmattstrasse 65 und der Gibraltarstrasse der unaufhaltsamen Stadtaufwertung weichen. Überall dort befanden sich kulturelle Freiräume, die ersatzlos verschwinden.

    Die Polizei verhinderte am letzten Samstag ein friedliches Strassenfest. 245 Personen wurden Opfer einer überforderten und willkürlichen Polizei. Der Stadt war ein privates einstündiges Fussballspektakel so viel wert, dass sie demokratische Grundrechte (Meinungsäusserungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, etc.) ausser Kraft setzte und uns den Anlass nicht bewilligen wollte.
    Wir haben berechtigte Anliegen, die wir nicht durch weitere unüberlegte Polizeiaktionen gefährden wollen. Deshalb organisieren wir am 15. Dezember 2007 ein friedliches Strassenfest in Luzern. Wir erwarten von der Sicherheitsdirektion, dass sie ihr Versprechen in Bares ummünzt und uns eine unkomplizierte und sofortige Bewilligung für unser friedliches Strassenfest erteilt.
    Nur leere Worte oder folgen Taten?
    Die Sicherheitsdirektorin und ihr Polizeikommandant Ernst Röthlisberger müssen nun beweisen, wie ernst sie ihr Angebot mein(t)en. Bleibt das im Vorfeld geäusserte Versprechen, an einem anderen Tag eine Bewilligung zu erteilen, ein leeres, sehen wir uns in unserer bisherigen Vorgehensweise nur bestätigt! Das Gesuch für den 15. Dezember wurde heute bei der Stadtpolizei eingereicht. Wir blicken voller Zuversicht auf ein friedliches und freudiges Strassenfest!
    Unsere Anliegen sind breit abgestützt und bleiben die gleichen. Diese Anliegen sollen respektiert und nicht durch dilettantische Polizeiaktionen kriminalisiert werden.
    Unsere Kultur steht auf der Strasse. Deshalb feiern wir unsere Feste auf den Strassen Luzerns!

    Immernoch ür kulturelle Freiräume!

    15.Dezember 2007
    20 Uhr, Theaterplatz
    LUZERN

    Einsehen der Stadt Luzern – Bewilligung für Strassenfest erteilt

    Stadt zeigt Einsicht
    Jetzt zeigt die Stadt Luzern Einsehen. Denn es muss nochmals darauf hingewiesen werden: Die angebotenen Alternativdaten waren erst im Januar oder Februar. Dies kam für die Aktion Freiraum nicht in Frage, da unsere Anliegen aktuell sind und sich nicht ins nächste Jahr verschieben lassen! Die Stadt Luzern hat dies nun eingesehen und uns für den 15. Dezember eine Bewilligung erteilt. Hätte sie diese Einsicht schon früher gehabt und bei den Verhandlungen angeboten, wäre ein derart massiver Polizeieinsatz wahrscheinlich nicht nötig gewesen. Ausser man hätte tatsächlich einfach ein Zeichen der Repression setzten oder für die EURO 08 proben wollen.
    Wie schon am 1. Dezember wollen wir ein friedliches Strassenfest durchführen. Wir sind zuversichtlich, dass dies gelingen wird, ist doch auch der 1. Dezember trotz einem unverhältnismässigen Einsatz von unserer Seite her friedlich verlaufen.

    Unsere Kultur steht auf der Strasse!
    Die Schliessung der Boa nach 19 Jahren bedeutet nicht nur der Verlust einer schweizweit angesehenen Alternativkultur, sondern auch ein Ende des Luzerner Kulturkompromisses. Die Millionen, welche jährlich in die etablierte Kultur investiert werden, bleiben bestehen. Die 200'000 Franken, welche für die Boa aufgewendet wurden, sind ersatzlos gestrichen. Dies belegt ein Auszug aus der kulturpolitischen Standortbestimmung der Stadt Luzern:

    „Eine Kulturstadt braucht breite und lebendige Kulturszenen, die widerspenstig, unreglementiert, kritisch, aufmüpfig und anarchisch sind. Diese Szenen machen den Nährboden des kulturellen Lebens aus. Für diese kulturelle Grundversorgung hat Luzern eine Verantwortung.“
    Die Stadtentwicklungsmodelle weisen aber in eine völlig andere Richtung. Die Alternativkultur in Luzern wird ausgetrocknet!

    Gleichzeitig wird wertvolle Bausubstanz abgerissen und das Zentrum Luzerns den wohlhabenden Menschen reserviert. Durch luxuriöse Wohnungen wird billiger Wohnraum in der Stadt eine Rarität. Letzte Freiräume an der Fluhmattstrasse 63 und Hofstrasse 3 für Menschen mit schmalem Budget und kreativen Ideen werden polizeilich geräumt und lieber leer gelassen, als diese einer sinnvoller Nutzung zu überlassen. Zudem mussten auch die Häuser an der Fluhmattstrasse 65
    und der Gibraltarstrasse der unaufhaltsamen Stadtaufwertung weichen. Überall dort befanden sich kulturelle Freiräume, die ersatzlos verschwinden.

    Unsere Kultur steht auf der Strasse. Deshalb feiern wir unsere Feste auf den Strassen Luzerns!

    Für kulturelle Freiräume!


    Mediencommunique Aktion Freiraum: Startschuss für Veränderungen!

    Gestern fand das Strassenfest der Aktion Freiraum statt. Der friedliche Verlauf hat gezeigt, dass die Repression der Stadt Luzern, eine Repression gegen anders Denkende war und nicht auf einem Sicherheitsbedürfnis beruhte. Die Aktion Freiraum konnte damit ein starkes Zeichen für mehr kulturelle Freiräume setzen.

    Kulturelle Freiräume bedeutet nicht einfach ein alternatives Kulturhaus, sondern meint einen Überbegriff der die ganze Stadt Luzern betrifft. Das geht von einer missratenen Konzeptionierung des Kulturwerkplatz Süd bis zu einer fehlgeleiteten Stadtplanung. Die Stadt Luzern entwickelt sich zurzeit in eine Richtung, welche an den Bedürfnissen vieler Bewohner dieser Stadt vorbeizielt.

    Stadtrat ist fern der Realität
    Über 1000 Leute haben gestern auf der Strasse ihre Unzufriedenheit manifestiert. Die Stadt nimmt die Bedürfnisse der Alternativkultur und damit auch vieler Jugendlichen nicht ernst. Ohne es selbst zu realisieren begrub der Stadtrat den Kulturkompromiss. Das werden wir nicht hinnehmen. Mit aller Kraft werden wir uns dafür einsetzen, dass bevor weitere Millionen in neue Kulturpaläste für die etablierte Kultur investiert werden, wir und unsere Bedürfnisse von der Stadt ernst genommen werden. Der salle modulable ist das Sinnbild für das ignorante Verhältnis der Stadt Luzern zu diesem Kulturkompromiss.

    Strassenfest ist ein Start
    Die Aktion Freiraum ist ein konstruktiver Zusammenschluss, eine Plattform, welche uns in Zukunft dienen wird, diese Ideen zusammen zu tragen und mit starker Stimme gemeinsam zu vertreten. Die konstruktive und friedliche Reaktion auf die Kündigung des Kulturkompromisses und die massive Polizeiaktion zeigt, wie wichtig uns diese Anliegen sind. Wir sind überzeugt, dass deshalb in Zukunft nicht die verzweifelten städtischen Versuche unsere Anliegen wegzusperren, sondern unsere Forderungen im Zentrum der Debatte stehen werden.

    Startrede am Strassenfest vom 15. Dezember

    Nach dem vereitelten Fest vom 1. Dezember stehen wir wieder auf der Strasse, um ein Zeichen für die Alternativkultur und mehr lebenswerte Freiräume zu setzen. Ein Zeichen, dass wir uns nicht einfach so wegsperren lassen und ein Zeichen gegen eine Stadt, in der nur noch die Schokoladenseite Platz haben soll.

    Es geht uns hier und heute nicht nur um die Boa, die wir schmerzlich vermissen. Es geht uns um ein Kulturverständnis und –angebot, das in unserer Stadt brach liegt und auch vom vielbeschworenen Kulturwerkplatz “Südpol” nicht wieder zum Leben erweckt werden wird.

    So wie die Dinge heute stehen, befürchten wir, dass im Südpol ein institutionalisierter Freizeitbetrieb mit stark eingeschränkten Nutzungs-möglichkeiten entsteht und niemals ein lebendiger Treffpunkt. Kein Ort, wo über soziale, kulturelle oder politische Fragen diskutiert wird und wo neue kulturelle Bedürfnisse ihr erstes Dach finden. Kein Ort, der Experiment ist.

    Kulturelles Engagement erfordert eine aktive Rolle und ist nie bloss das Verteilen von Geldern. Auch innerhalb der alternativen Kultur gibt es Gruppierungen, die leichter zu ihren Kulturräumen kommen als andere.

    Werden wir vertreten vom Leiter des Südpols, der von der Stadt mit der Durchführung des UEFA-Auslosungsfests beim Lido betraut wurde? Sehen wir hier nicht eher ein Anschauungsbeispiel, wie handzahm sich die Stadt die alternative Kultur wünscht und dafür tief in die Tasche zu greifen bereit ist?

    Die Stadt will zusammen mit der Tourismus- und Konzerthauslobby und mit viel Geld, klingenden Namen und Werbung Luzern als Kulturstadt positionieren. Dahinter steckt ein Kulturverständnis, das nicht nach Inhalten, sondern nach Auftrittsorten und Bauhüllen fragt. Die etablierte Kultur, die ebenfalls von einer Minderheit produziert und konsumiert wird, verschlingt Millionenbeträge, von denen wir nicht mal zu träumen wagen.

    Neben Räumen braucht die Kultur in erster Linie ein geistiges Klima, das anregt, das herausfordert, das Bilder und Vorstellungen provoziert. Die Bilder vom 1.12. provozieren bei vielen von uns leider etwas ganz anderes!

    Aber wir wollen hier keine abstrakt-schöngeistigen Forderungen stellen und haben uns deshalb um konstruktive Vorschläge bemüht.

    Wir fordern Frei-Räume, keine millionenteuren Umbauten! Wir wünschen eine dialogbereite, menschliche Stadt Luzern, die Andersdenkende respektvoll und tolerant behandelt, die alternative Lebens-, Kultur- und Wohnformen zulässt und nicht ausgrenzt.

    Wir fordern keine perfekt ausgebauten Räumlichkeiten - sie dürfen gerne renovationsbedürftig sein oder provisorischen Charakter haben. Nach unfreiwilliger, eingehender und vertiefter Besichtigung schlagen wir der Stadt Luzern deshalb vor, uns vorübergehend den Sonnenbergknast zur Verfügung zu stellen. Vorübergehend! Noch so gerne würden wir in die zentraler gelegenen Lager der Stadt, der Polizei, Feuerwehr oder der Zünfte umziehen, die kaum genutzt werden und für eine Nicht-Nutzung zu optimal liegen und erschlossen sind!

    Setzen wir heute laut und friedlich ein Zeichen gegen die fehlenden Freiräume in unserer Stadt!

    VIVE LA FETE!!!!!!!

    [Quelle: aktion freiraum]


    Schlussrede am Strassenfest vom 15. Dezember

    “Eine Kulturstadt braucht breite und lebendige Kulturszenen, die widerspenstig, unreglementiert, kritisch, aufmüpfig und anarchisch sind. Diese Szenen machen den Nährboden des kulturellen Lebens aus.”

    Haben wir Ähnliches während dieses Umzuges nicht schon gehört? Ist das nicht genau das was wir fordern? Es sind genau die Adjektive widerspenstig, unreglementiert, kritisch, aufmüpfig und anarchisch, welche das Kulturleben in der Boa, wie auch in den besetzten Häusern ausmachten. Der Text könnte von uns sein, der Text müsste von uns sein, wer sonst würde so was in der Stadt Luzern schreiben?

    Die Antwort: Niemand Geringeres als die Stadt Luzern! Das Zitat ist aus einer kulturpolitischen Standortbestimmung der Stadt Verwaltung.

    Schauen wir also auf die Stadt, welche sich selbst ein so fortschrittliches Kulturleitbild gibt, welche seit 15 Jahren Kulturfrieden und Kulturkompromiss predigt.

    Dieser Kulturkompromiss hatte mal daraus bestanden, dass die Stadt Luzern insgesamt 100 Millionen in die Kultur investiert. 70 Millionen sollten in ein KKL, 10 Millionen in nicht etabliert Kultur fliessen. Während aus den 70 Millionen für das KKL 112 Millionen wurden. Wurden die 10 Millionen gar noch unterschritten.

    Aber wenden wir uns ab von den Zahlen. Lassen wir die finanzielle Unterstützung beiseite, wenden wir uns hin zur ideellen Unterstützung. 1988 war die Rede davon, dass man gemeinsam weiter kommen müsse, dass verschiedene Arten von Kultur Platz haben müssten und dass diese Vielfalt auch das Gesicht von Luzern sein soll.

    Die Stadtkonzepte heute sprechen eine andere Sprache. 2004 veröffentlichte der Stadtrat einen Masterplan zur Stadtentwicklung. Weitere Wohnung waren darin nur im so genannten vier und fünf Stern Bereich vorgesehen. Luzern sollte attraktiv werden für reiche Pensionierte, anziehend wirken auf so genannte DINCs: Double Income No Kids. Im Jahr 2007 öffnete die Stadt Luzern ihr Spektrum. Drei Konzepte werden der Bevölkerung zur Auswahl gestellt: Luzern könne eine Grossstadt werden, Luzern könne der Wohnraum für Zürich werden oder Luzern könne sich als pittoreske Tourismusstadt präsentieren.

    Kein Platz in den Visionen unserer Stadtplaner hat die Kulturstadt. Kein Platz hat auch die Stadt, welche der Vielfalt der heutigen Bewohnerinnen und Bewohner entsprechen würde. Und weder in den Köpfen derer die das Sagen haben in dieser Stadt, noch in deren Gebäuden existieren freie Kulturräume oder Alternativkultur. Diese stehen auf der Strasse.

    Günstiger Wohnraum muss der so genannten Stadtaufwertung weichen und auch Neubauten orientieren sich am mittleren bis oberen Preissegment.

    Wo ist unsere Lobby? Die IG Kultur könnte unsere Lobby sein oder besser gesagt: Die IG Kultur wäre eigentlich unsere Lobby. Jetzt ist die IG Kultur eine Organisation in der die möchtegern-alternativen Generation 50 plus sich gegenseitig Geld zuschaufelt. Die einzige Lobby, die wir haben, sind wir selbst. Im Moment gibt es keine IG Kultur mehr. Aber sie kann es wieder werden. Und gerade deshalb braucht es eine Aktion Freiraum, Eine Aktion die Einfluss nimmt und zwar au f allen Ebenen. Sei es politisch, sei es in bestehenden Organisationen oder wie heute und in Zukunft, auf der Strasse.

    Wir sind auf der Strasse!!! Und gleichzeitig reisst sich der Chef der Rose d’Or und der UEFA Party den Möchtegerne Boaersatz unter den Nagel

    Aber lassen wir ihm dieses Haus, lassen wir ihm die 600′000 Franken die er jährlich dafür kriegen wird. Die Alternativkultur ist nicht abhängig von Gebäuden, das zeigt allein schon Euer Erscheinen heute Abend. Jeder und jede von Euch muss selber weitermachen, Freiräume öffnen und erkämpfen.

    Aber das alleine reicht nicht. Wir brauchen auch eine Stadt, welche die Freiräume zulässt, welche die Alternativkultur als eben diesen Nährboden sieht, deren widerspenstigen, unreglementierten, kritischen, aufmüpfigen und anarchischen Charakter respektiert. Dieser Teil der Gesellschaft, des kulturellen Lebens, wurde auf die Strasse gewiesen.

    Und hier sind wir jetzt! Auf der Strasse! Und auf dieser Strasse sind wir nicht nur heute, hierher kommen wir zurück und hier bleiben wir, BIS SICH ETWAS GEÄNDERT HAT. Vor zwei Wochen wurden wir auf diesem Platz einkesselt, wurden unsere Forderungen unterdrückt. Heute ist es anders, heute ist die Stadt eingekesselt, eingekesselt von unseren Forderungen und Ideen.

    [Quelle: aktion freiraum]